Drei Gänge, zwei Köche und eine Köchin von grossem Renommee, ein gemeinsames Ziel: in einem Bankett mehrere Hundert Kilogramm Lebensmittel retten, die in der Gastronomie normalerweise verschmäht werden. Das «Foodsave-Bankett Zürich» wurde im September auf dem Bürkliplatz am Zürichsee angerichtet. Dabei bereitete die Küchenbrigade mehrere hundert Menüs aus Gemüse und Früchten zu, die den üblichen Verkaufskriterien nicht oder nicht mehr genügten.

Die Veranstaltung ist eines der Projekte, die vom Ernährungsforum Zürich mitgetragen werden. Dessen Vision: die Bevölkerung der grössten Schweizer Stadt für Food Waste zu sensibilisieren und ihr Zugang zu lokalen und nachhaltigen Nahrungsmitteln bieten, die fair sind – und zwar für alle Beteiligten der Lebensmittelkette.

Das 2018 gegründete Ernährungsforum Zürich ist ein rasch wachsendes Netzwerk mit über 200 Mitgliedern vor allem aus Landwirtschaft und Gastronomie. Der gemeinnützige Verein orientiert sich an den Food Policy Councils (FPC), den Ernährungsräten, die in den letzten 20 Jahren in den englischsprachigen Ländern immer zahlreicher geworden sind. Allein in den USA gibt es über 300 solcher Plattformen.

Sie wollen die Lebensmittelkette umwelt- freundlicher, gerechter und widerstandsfähiger gestalten, indem sie lokale Akteurinnen und Akteure vernetzen, die regionale Produktion aufwerten, die Bevölkerung informieren und Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger für Ernährungsfragen sensibilisieren.

Gemeinsam handeln

Die Ernährungsräte haben mittlerweile weltweit Nachahmer gefunden, in der Schweiz gibt es sie seit zehn Jahren. «Ein wichtiger Impuls dafür war die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die der Bundesrat 2015 verabschiedete und in der die Städte eine besonders wichtige Rolle spielen», sagt Daniel Langmeier, Politikberater bei der Stiftung Biovision. Zur gleichen Zeit wurden mehrere grosse Skandale in der Lebensmittelbranche bekannt, was lokale Interessengruppen dazu veranlasste, gemeinsam zu handeln.

Daraus sind städtische Netzwerke für eine nachhaltige Ernährung entstanden, darunter der Ernährungsrat Luzern, das Ernährungsforum Bern, Urban Agriculture Basel oder das «Mouvement pour une agriculture paysanne et citoyenne» in Genf, das Ausstellungen, Vorträge und Workshops organisiert, um auf seine Anliegen aufmerksam zu machen.

Die Netzwerke bemühen sich ausserdem um eine enge Beziehung zu den Behörden und zur Politik. «Im Lokalen anzusetzen ist von Vorteil, weil man auf kommunaler Ebene zwangsläufig auf die eine oder andere Weise mit den Behörden in Kontakt kommt», sagt Daniel Langmeier.

Doch die Netzwerke könnten auch weit über die Region hinaus wirken. «Wenn es ihnen gelingt, ihre Botschaft über lokale Politikerinnen und Politiker auf die Kantons- und dann auf die Bundesebene zu bringen, können sie eine wesentliche Rolle spielen bei der Umgestaltung der Schweizer Ernährungspolitik», präzisiert er. «Und genau darin liegt vielleicht ihre grösste Herausforderung.»

Weniger Lebensmittelverschwendung – Beispiel Zürich

Richtig konkret werden Klima- und Umweltmassnahmen auf der Ebene der Kantone und vor allem der Gemeinden. Beispiel Zürich: Die Stadt hat in einer Volksabstimmung beschlossen, ihre CO2-Emissionen so weit zu reduzieren, dass Zürich bis 2040 das Netto-Null-Ziel erreicht. Das betrifft auch die Ernährung, denn jährlich werden in Zürich pro Kopf zwei Tonnen CO2 durch die Ernährung ausgestossen.

«Ein wichtiger Hebel, um die Emissionen zu reduzieren, ist die Vermeidung von Food Waste», sagt Rainer Zah, Leiter des Geschäftsbereichs Umwelt der Stadt Zürich. Dazu brauche es ein ganzes Arsenal von Massnahmen. So servieren die städtischen Betriebe – darunter etwa die rund 50 Pflegeheime – einen Nachschlag, anstatt von Beginn weg grosse Portionen aufzutischen.

Zudem setzt die Stadt sich für klimafreundliches Kochen mit weniger Fleisch ein und hat dazu eine Datenbank mit Rezepten eingerichtet. «Idealerweise werden Menus mit weniger Fleisch zu einem Food Trend», sagt Zah. Gefördert wird auch Food Sharing: Nicht benötigte Lebensmittel können Quartierbewohnerinnen und -bewohner in öffentliche Kühlschränke des Vereins Madame Frigo bringen – und selbst mitnehmen, was sie brauchen.