Andermatt (UR), automatische Wetterstation von MeteoSchweiz, 1438 Meter über Meer, 10.10 Uhr. Es sind aussergewöhnlich viele Menschen hier oben, denn es werden heute neue Messsonden installiert. Die Sonne scheint an diesem Juni-Morgen bereits warm, vom nahegelegenen Hang dringt das Glockengebimmel der Schafe herüber, die dort weiden. Es wird übertönt vom Bagger, der hier seit einer knappen Stunde am Werk ist. Simone Bircher schaut interessiert zu und sagt: «Angenehmer Boden, wenig Tonanteil, viel Sand». Der Bohrstock lässt sich daher mit geringem Widerstand in den Boden hämmern, und die vier Tensiometer zur Messung der Bodenfeuchte (siehe Kasten) in unterschiedlichen Tiefen sind schnell installiert.

«Wenn wir so weitermachen, können wir am Mittag wieder nach Hause.» Alle lachen, denn sie wissen: Es steht ein langer Tag bevor, und selbst wenn alles läuft wie geplant, werden sie erst morgen fertig mit ihrem Vorhaben: die bestehende automatische Wetterstation von MeteoSchweiz mit insgesamt 40 Sensoren zur Bodenfeuchtemessung aufrüsten.

Projektleiterin Simone Bircher von MeteoSchweiz beim Elektroschrank der bestehenden automatischen Wetterstation. ©Martina Huber/Lunax/BAFU

Projektleiterin Simone Bircher von MeteoSchweiz vor dem Elektroschrank der bestehenden automatischen Wetterstation, der Stromquelle für die Bodenfeuchtestation. ©Martina Huber

Trockenheit besser verstehen
Bis 2027 sollen über die ganze Schweiz verteilt mindestens 20 solche Stationen ein nationales Bodenfeuchte-Messnetz bilden. In sechs Wälder installieren und betreuen die WSL und die ETH neue Stationen, vierzehn weitere werden auf Grasland bei bestehenden automatischen Wetterstationen von MeteoSchweiz eingerichtet. Simone Bircher von MeteoSchweiz koordiniert als Projektleiterin den Aufbau dieses Messnetzes. «Mit dem Klimawandel werden Hitzewellen und Trockenperioden in Zukunft zunehmen», erklärt die Geografin.

Daher habe der Bundesrat den Bundesämtern BAFU, swisstopo und MeteoSchweiz aufgetragen, ein schweizweites Früherkennungs- und Warnsystem für Trockenheit aufzubauen. Anfang Mai lancierten die Bundesämter daher eine neue Trockenheitsplattform (trockenheit.ch). Das Früherkennungs- und Warnsystem soll Behörden, Sektoren (z.B. Landwirtschaft, Wald oder Energie) und die Bevölkerung frühzeitig über Trockenheitsgefahr informieren und sie darauf vorbereiten. 

Bodenfeuchte – eine Kenngrösse für die Erfassung und frühzeitige Erkennung von Trockenheit – werde zwar bereits heute von manchen Kantonen und Forschungseinrichtungen erhoben, sagt Bircher. Die bestehenden Messnetze seien aber unterschiedlich aufgebaut, hätten unterschiedliche Sensoren im Einsatz und würden in unterschiedlicher Tiefe messen. «Das nationale Messnetz wird die laufenden Messungen verknüpfen und ergänzen – und so einen möglichst umfassenden und einheitlichen Datensatz für die ganze Schweiz schaffen.»

Daten im 10-Minuten-Takt
Damit an diesem Morgen alles reibungslos läuft, ist Bircher mit drei Kollegen von MeteoSchweiz bereits am Vorabend angereist. Um 8.30 Uhr standen sie auf der Baustelle, legten Material bereit und steckten das Gelände für die Sensorinstallation ab, damit der Boden durch den Bagger nicht verdichtet wird. Sie zeigten den zwei Mitarbeitern der Tiefbaufirma bei deren Ankunft kurz nach 9 Uhr, wo der Schaltschrank hinkommt, zu dem die Kabel der Sensoren verlaufen und von wo aus die Daten dann im 10-Minuten-Takt in die Datenbank von MeteoSchweiz gesendet werden. Und wo genau sie das Bodenprofil ausheben sollen, in dem in verschiedenem Tiefen unterschiedliche Sensoren installiert werden.

Um 11.10 Uhr treffen Simon Tutsch und Tobias Messmer auf der Baustelle ein. Beide arbeiten am Kompetenzzentrum Boden, einer nationalen Fachstelle für die Entwicklung von einheitlichen Standards in der Bodenkartierung. Bereits vor zwei Jahren haben sie hier erstmals Proben genommen, als es darum ging, geeignete Standorte für die Messstation auszuwählen. Ihre Vorarbeiten zeigten: Der Boden hier in Andermatt ist ungestört und repräsentativ für die umliegende Region.

«Bei manchen anderen Standorten war der Boden aufgeschüttet», sagt Tutsch. Messungen aus solchen gestörten Schichten lassen sich schlecht in die Modelle integrieren. Denn die genaue Beschaffenheit des Bodens – seine Dichte, der Anteil an Ton, Sand, Humus und grobem Kies – beeinflusst, wie Wasser im Boden versickert und gespeichert wird. Und teilweise beeinflusst sie auch die Messungen selbst.

Sein Kollege Tobias Messmer misst die Bodeninfiltration – also wie schnell Wasser im Boden versickert. ©Martina Huber/Lunax/BAFU
Sein Kollege Tobias Messmer misst die Bodeninfiltration – also wie schnell Wasser im Boden versickert. ©Martina Huber
Simon Tutsch vom nationalen Kompetenzzentrum Boden nimmt das Bodenprofil auf. ©Martina Huber/Lunax/BAFU
Simon Tutsch vom nationalen Kompetenzzentrum Boden nimmt das Bodenprofil auf. ©Martina Huber

Der Boden beeinflusst die Messwerte
«Eine genaue Charakterisierung des Bodens ist entscheidend, damit die Sensoren später korrekt kalibriert und die Messwerte sinnvoll interpretiert werden können», fügt Tutsch hinzu. Er sieht schon jetzt, dass diejenigen Sensoren, die in der sandigen, oberflächennahen Schicht platziert werden, sicher regelmässig weniger Feuchtigkeit aufzeichnen werden als diejenigen, die ganz unten im gräulichen Boden zu liegen kommen: Rote Flecken zeugen von Rost und verraten, dass das Grundwasser den Boden hier regelmässig durchnässt.

Während er im Schacht steht und das Bodenprofil beschreibt, befühlt, beprobt und fotografiert, nimmt sein Kollege mit einem Handbohrer Proben aus unterschiedlichen Tiefen und misst an zwei Stellen, wie schnell das Wasser im Boden versickert.

Startklar für die nächsten zehn Jahre
Um 15.15 Uhr ist es soweit: Simone Bircher und ihr Kollege Quentin Rossier installieren die ersten sechs Messgeräte, einen Meter tief im Boden – drei unterschiedliche Sensortypen in doppelter Ausführung, falls einer ausfällt. Bevor die unterste Schicht wieder zugeschüttet wird, prüft ihr Kollege Michael Kopp, ob alle Instrumente einwandfrei messen. «Wenn das Loch erst einmal geschlossen ist, öffnen wir es nicht mehr – und idealerweise messen die Sensoren dann für die nächsten 10 Jahre», sagt Bircher. Es funktioniert.

Simone Bircher und Michael Kopp bereiten die Platine mit dem Datenaufzeichnungs- und Übertragungssystem, an der die Bodenfeuchtesensoren angeschlossen werden, vor. ©Martina Huber/Lunax/BAFU

Simone Bircher und Michael Kopp bereiten die Platine mit dem Datenaufzeichnungs- und Übertragungssystem, an der die Bodenfeuchtesensoren angeschlossen werden, zum Einbau in den neuen Schaltschrank vor. ©Martina Huber

Es ist bereits nach 17 Uhr, als der neue Schaltschrank aufgestellt, alle Kabel der bereits installierten Sensoren gezogen und mit Kabelschutz ummantelt und die neue Erdung sowie das Kabel für den Anschluss an das Hauptstromnetz verlegt sind. Auch das Landwirte-Ehepaar, dem der Boden gehört und die als Stationswarte für den regulären Unterhalt sorgen werden, haben inzwischen vorbeigeschaut, sich ein Bild gemacht und die nötigen Informationen erhalten. Die Sonne steht noch immer über dem Tal, doch ein kühler Wind lässt die Grashalme in sanften Wellen tanzen, die Metallteile des Niederschlagsmessers scheppern leise. Die restlichen 30 Sensoren kommen morgen ins Bodenprofil, jeweils sechs in 50, 30, 20, 10 und 5 Zentimetern Tiefe. Die Platine, auf welcher das Datenaufzeichnungs- und Übertragungssystem installiert ist, muss auch noch im Schaltschrank eingebaut und die Sensorkabel daran angeschlossen werden. Dann beginnt für die neue Bodenfeuchte-Station in Andermatt der Regelbetrieb – mit Daten, die alle zehn Minuten ins nationale Netz fliessen werden.