In Kürze

Die Foodsave-Bankette werden aus Lebensmitteln zubereitet, die kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder dieses überschritten haben. Sie fördern die Sensibilisierung für den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung sowie den Austausch guter Praktiken.

Man nehme einwandfreie Lebens­mittel, die eigentlich in der Entsorgung landen würden, koche daraus ein leckeres Mahl für ein paar Hundert Menschen und lasse sie wissen, was sie da essen. So etwa könnte das Rezept für ein Foodsave-Bankett lauten. Das erste dieser Resten-Festessen ging 2016 in Bern über die Bühne: mitten auf dem Bahnhofplatz. Seither finden solche Veranstaltungen in immer mehr Schweizer Städten statt. «Sie verstehen sich als eine Art urbane Erntedankfeste», erklärt Karin Spori von foodwaste.ch, die die nationale Koordinationsstelle der Foodsave-Bankette leitet.

Jeder Anlass ist anders Das Schöne an Rezepten ist, dass sie sich nach Belieben abwandeln lassen. So hat jedes Foodsave- Bankett seinen ganz eigenen Charakter. In Zürich zum Beispiel organisierte das Ernährungsforum Zürich zusammen mit vier weiteren Trägerorganisationen im Rahmen des Food-Festivals Food Zürich bereits zum zweiten Mal einen ganzen Foodsave-Day: Alle, die Lust und Zeit hatten, konnten im Juni 2024 in der Europaallee Zmorge, Znüni, Zmittag, Zvieri oder Znacht aus Lebensmittel­überschüssen geniessen.

«Wir haben Lebensmittel aus dem Detailhandel verwendet, die bald abgelaufen wären, sowie übrig gebliebenes Gemüse aus dem Grossmarkt», erklärt Andi Handke, Koch und Foodaktivist, der zusammen mit Schülerinnen und Schülern der International School of Zug and Luzern das Menu für den Abend zubereitet. Am Nachmittag der Veranstaltung ist seine Crew in der Küche des Restaurant Bridge an der Europaallee im Einsatz: Zwei Jugendliche malen Plakate, die das Abendmenu erklären. Der Rest rüstet und kocht. Aus dem Ofen riecht es intensiv nach Blumenkohl. Das Menu ist eine Kreation aus Hirse, Olivenöl, Gewürzen, weissem und violettem Blumenkohl, Kohlrabi, grünem Salat und Randenblättern – alles Lebensmittel, die sonst entsorgt oder eventuell teilweise an gemeinnützige Organisationen weiter­gereicht worden wären. Dazu gibt es Vegi-Nuggets aus Okara, einem Nebenprodukt, das bei der Tofu- Herstellung anfällt.

Food Waste überall

Mirko Buri, Spitzenkoch und Foodsave-Pionier, der jeweils am Ur-Foodsave-Bankett in Bern kocht, bezieht die Lebensmittelüberschüsse in der Regel direkt aus der Land­wirtschaft. «Leider gibt es dort mehr als genug davon», bedauert er.

«Viel Gemüse wird direkt unter­gepflügt oder weggeworfen.» Zum Beispiel Lauchkraut, Broccolistiele oder auch Tomaten, auf die Konsumen­tinnen und Konsumenten gerade keine Lust haben. Mit seiner Firma Foodoo wertet Mirko Buri solche Gemüsereste professionell auf und macht beispielsweise Bouillon, Gemüse­saucen oder eingelegtes Gemüse daraus. Seiner Meinung nach lohnt es sich in ethischer, ökologischer und ökonomischer Hinsicht, Lebensmittel zu retten.

«2,8 Millionen Tonnen Lebensmittel werden jährlich in der Schweiz weg­geworfen», weiss Hauptorganisatorin Violanta von Salis vom Ernährungsforum Zürich, einer der fünf Trägerorganisationen des Foodsave-Day in Zürich. Das Essen, das hier aufgetischt wird, ist nur ein verschwindend kleiner Teil davon. Lebensmittel­verschwendung zu verringern ist denn auch nicht das Hauptziel dieser Events. Mirko Buri: «Es geht vor allem darum, die Bevölkerung für das Thema Food Waste zu sensibilisieren.»

Mitmachen und weitersagen

Und zwar nicht nur diejenigen, die als Gäste ein feines Mahl geniessen. «Foodsave-Bankette sind auch partizipative Formate», sagt Koch Andi Handke. In Zürich waren rund 60 Partnerorganisationen und -unternehmen beteiligt. Deren Angestellte und Mitglieder sowie Schülerinnen und Schüler und viele weitere Helfende trugen tatkräftig zum Gelingen des Tages bei: Sie organisierten, lieferten Lebensmittel, bauten die Infrastruktur vor Ort auf, schmückten die Tische mit Blumen, rüsteten Gemüse, kochten, schöpften und räumten am Schluss alles wieder auf. Der Clou: «Alle Beteiligten tragen das Thema Food Waste anschliessend in ihre Familien und in ihren Bekannten- und Freundeskreis», sagt Andi Handke.

Rund eine Stunde bevor das abendliche Foodsave-Bankett startet, begibt sich Andi Handkes Küchentruppe mit Warmhalteboxen voller Gemüse nach draussen auf die Europaallee. Zwischen den hohen grauen Häusern stehen schon lange Festbankreihen bereit. Darauf ein bunt blühender Garten auf Zeit – liebevoll arrangiert in zahlreichen Vasen und Töpfen. An mehreren grossen Hochbeeten – auch sie blühende Inseln auf dem eintönigen Asphalt – hängen Plakate mit Zahlen zu und Informationen über Food Waste.

Bis das Bankett startet, gibt es noch einiges zu tun: Organisatorin Violanta von Salis wischt zusammen mit ein paar Jugendlichen die regen­nassen Tische und Bänke trocken. Die restlichen Schülerinnen kochen draussen noch Gemüsebrühe und Hirsebrei.

Später scharen sich die ersten Gäste um die Essensausgabe und rasch formiert sich eine Schlange. Die jungen Frauen von Slow Food Youth, die am Abend ebenfalls helfen, arrangieren das gelb, braun, weiss, lila, grün und rot leuchtende Food­save-Gericht. Den Preis, den es wert ist, bestimmt jeder und jede für sich selbst und wirft das Geld in ein bereitstehendes Kässeli.

Mission erfüllt

Trotz wechselhaftem Wetter und mehreren Parallelveranstaltungen in Zürich folgten die Gäste der Einladung zum Bankett und zeigten sich sichtlich zufrieden. Was vom Restendinner übrigbleibt, geht an die gemein­nützige Organisation Incontro ganz in der Nähe, die im Langstrassenquartier täglich Bedürftige verpflegt. Koch Andi Handke ist jedenfalls «mega happy» mit dem Foodsave-Day. Das Zürcher Spezialrezept hat sich offensichtlich bewährt.

Tipps: Altes Brot verwerten leicht gemacht

Wie ärgerlich! Schon wieder ist Brot übrig geblieben. Bevor es als Tierfutter endet oder im Kompost landet, hier ein paar Ideen, was Sie Leckeres daraus zaubern können:

Interviews

Yasmin Pantanowitz (14)

aus Zug, Schülerin in der International School of Zug and Luzern, Helferin am Foodsave-Day

Warum bist du hier?
Ich bin heute hier, weil ich sehr gerne koche. Es motiviert mich, mich mit anderen zusammen für eine gute Sache zu engagieren.

Wie erlebst du den Event?
Wir haben sehr viel Gemüse geschnitten und zerkleinert. Es hat Spass gemacht, war aber auch anstrengend. Vor allem für meine Hand!

Was nimmst du mit?
Ich denke, es ist wirklich, wirklich wichtig, Food Waste zu reduzieren. Ich werde in Zukunft versuchen, bewusster mit Lebensmitteln umzugehen und beim Gemüse alles zu verwenden: Aus Rüstabfällen kann man zum Beispiel eine Gemüsebrühe kochen.

Yasmin Pantanowitz
Saskja Rosset/LUNAX/BAFU

Zaher Udden Qureshi (43)

aus Zürich, Gast am Foodsave-Bankett

Warum sind Sie hier?
Ich habe den Anlass letztes Jahr zufällig entdeckt und fand ihn sehr interessant. Deshalb bin ich dieses Jahr wieder hergekommen.

Wie erleben Sie den Event?
Ich war echt überrascht, dass das hier alles aus geretteten Lebensmitteln besteht. Es ist gesundes Essen für so viele Leute. Für mich ist der Anlass eine gute Gelegenheit, bei einem guten Essen Leute zu treffen.

Was nehmen Sie mit?
Ich hätte nicht gedacht, dass es so viel Food Waste gibt. Hier habe ich realisiert, wie viel wirklich verschwendet wird. Ich werde sicher versuchen, bewusster zu konsumieren.

Zaher Udden Qureshi
Saskja Rosset/LUNAX/BAFU

Hans Düllmann (28)

aus Zürich, genoss das Foodsave-Menu

Warum sind Sie hier?
Wir wohnen in der Nähe, sind spazieren gegangen und zufällig auf den Anlass gestossen. Ich freue mich immer, wenn ich irgendwo Lebensmittel retten kann. Deshalb habe ich meine Partnerin hier reingeschleppt.

Wie erleben Sie den Event?
Ich finde es sehr angenehm hier. Das Essen hat sehr gut geschmeckt. Es ist ein super Anlass.

Was nehmen Sie mit?
Bisher kannte ich die Zahlen nicht. Nun weiss ich, wie viele Lebensmittel tatsächlich verschwendet werden. Es würde mich freuen, wenn das anders gelöst und weniger weg­geschmissen würde.

Hans Düllmann
Saskja Rosset/LUNAX/BAFU

Lena Ammann (38)

aus Zürich, zu Gast am Foodsave-Bankett

Warum sind Sie hier?
Unsere Kinder sind heute betreut. Mein Mann wusste von dem Anlass und hatte die Idee, dass wir uns hier treffen. Und da sind wir jetzt, im Ausgang bei einem feinen Znacht.

Wie erleben Sie den Event?
Es ist gemütlich hier, die Stimmung gut. Sogar das Wetter macht jetzt mit.

Was nehmen Sie mit?
Die Nuggets aus Okara, einem Tofu-Nebenprodukt, waren fein. Die mögen unsere Kinder bestimmt. Die werden wir sicher mal kaufen. Food Waste halten wir schon sehr gering. Wir sind ausserdem unter anderem bei Foodsharing aktiv, einem gemeinnützigen Verein, dessen Mitglieder Essen retten, und machen bei Too Good To Go mit.

Lena Ammann
Saskja Rosset/LUNAX/BAFU

Sie möchten in Ihrer Gemeinde ein Foodsave-Bankett organisieren?

Auf der Website foodsave-bankette.ch finden Sie alle wichtigen Informationen.

Melden Sie sich bei Interesse einfach unverbindlich unter info@foodwaste.ch

Die Organisation foodwaste.ch ist die nationale Koordinationsstelle der Foodsave-Bankette und unterstützt Sie gerne bei der Umsetzung.

IN KÜRZE

Die Foodsave-Bankette werden aus Lebensmitteln zubereitet, die kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder dieses überschritten haben. Sie fördern die Sensibilisierung für den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung sowie den Austausch guter Praktiken.