Time to think big: elektrische LKW
Unterdessen bewegt sich zum Glück auch im Sektor der Nutzfahrzeuge etwas – ohne, dass dafür Treibstoff verbrannt werden muss. Mit der Entwicklung verhält es sich ähnlich, wie mit den Fahrzeugen selbst: Sie braucht etwas länger, um in Fahrt zu kommen, ist teurer, behäbiger, die Vermarktung gestaltet sich einen Hauch weniger sexy. Die Schweizer Firma Futuricum, eine Handelsmarke der Designwerk Products AG, hat diesen Anlaufprozess bereits durchlaufen und erfreut sich reger und steigender Nachfrage.
Das Unternehmen entspringt einem Leuchtturmprojekt der Muttergesellschaft Designwerk Technologies und bringt in Winterthur vollelektrische E-LKW auf Tour. Wirtschaftliche und ökologische 26-Tonner, die rein batteriebetrieben 450 bis 760 Kilometer zurücklegen – je nach Beladung. Mit Eckdaten wie diesen ein Novum auf dem europäischen Markt.
Mit Müll fing alles an
Wer LKW hört, mag als erstes an internationalen Transitverkehr auf der Autobahn denken. Vielleicht war das auch der Grund dafür, weshalb man sogenannten schweren Sachentransportfahrzeugen noch bis vor kurzem eine elektrische Zukunft absprach: Für ein rentables Frachtvolumen sei die Reichweite der Batterie zu gering – oder umgekehrt. Doch die Gründer Tobias Wülser und Frank Loacker sowie Firmenchef Adrian Melliger sind drei Köpfe, die genau hinsehen. Mit Futuricum haben sie nicht nur enorm leistungsfähige Akkus entwickelt, sondern auch die passgenaue Nische für Elektrolastwagen gefunden: Müllautos. Die Fahrzeuge befinden sich zwar täglich im Einsatz, rollen jedoch früh wieder im Depot ein. Sie legen nur kurze Strecken zurück, fahren auf diesen jedoch permanent an und bremsen wieder ab. «Dieselmotoren brauchen da auf 100 Kilometer fast 100 Liter», sagt Adrian Melliger.
Was in der Entsorgungslogistik seit 2016 wunderbar funktioniert, wurde dank der Unterstützung des Bundesamts für Energie (BFE) sowie von Industrie- und Hochschulpartnern vorangetrieben, weiterentwickelt und seit vergangenem Jahr auch auf andere Kommunalfahrzeuge sowie den gewerblichen Transport ausgeweitet. So sind auf Schweizer Strassen schon Batterie-Betonmischer und Paketfahrzeuge des DPD für die kurze Strecke zwischen Depot und Verteilerzentrum unterwegs. Auch andere Logistiksparten wie Recycling, Land- und Forstwirtschaft sowie Intralogistik setzen bereits auf schwere Nutzfahrzeuge von Futuricum.
Bald Zapfenstreich für die Zapfsäule?
Werfen wir einen kurzen Blick nach Übersee: US-Bundesstaat Kalifornien hat letztes Jahr ein Gesetz verabschiedet, nach welchem ab 2030 die Hälfte aller verkauften Kehrichtlaster emissionsfrei zu sein hat. Noch strenger wird’s bereits 15 Jahre darauf, wenn ab 2045 kein neuer Laster mehr verkauft werden darf, der CO2 ausstösst. Es tut sich was, und zwar überall auf der Welt. Zurück in der Schweiz vergab das Bundesamt für Energie den «Watt d’Or 2020» für energieeffiziente Mobilität an Futuricum, dessen Team unablässig an ergiebigeren Batterien tüftelt, um die Leistung der Fahrzeuge zu steigern und weitere Segmente zu erschliessen. Es tut sich was. Noch ist so ein E-LKW rund doppelt so teuer in der Anschaffung wie ein herkömmlicher, im Betrieb jedoch um 80 Prozent günstiger. Dank einfacherer Wartung, niedrigerer Besteuerung und wegen des günstigeren Stroms, der obendrein grün und erneuerbar produziert werden kann. Es tut sich was – und wir bleiben gespannt auf mehr.