Kinderwagen, Veloanhänger, Tragetücher, Wippen, Reisebetten – all diese Dinge haben etwas gemeinsam: Sie erleichtern Eltern den Alltag, werden aber nur eine relativ kurze Zeit gebraucht. Hinzu kommt, dass sie meist gekauft werden, bevor das Kind auf der Welt ist. Aber erst, wenn man den Kinderwagen samt Baby über den matschigen Waldweg schiebt, wird klar, ob er tatsächlich praktisch ist und die Bedürfnisse erfüllt.
In der Schweiz landen unter anderem aus diesem Grund jedes Jahr 90 000 Kinderwagen im Müll. Das sind mehr als Kinder geboren werden. Einen «Wahnsinn» findet das Mirco Egloff, Co-Gründer von Loopi. Das KMU vermietet nachhaltig produzierte Kinder-Infrastruktur in einem Abo-Modell. «Wir wollten ein Angebot entwickeln, das dieser Verschwendung entgegenwirkt», erklärt Mirco Egloff. Schon in seiner Studienarbeit hat er sich mit dem Thema beschäftigt und das Potential eines zirkulären Konzeptes für Kinderwagen aufgezeigt.
Vermieten – ein Geschäftsmodell der Kreislaufwirtschaft
Als Ingenieurwissenschaftler mit Schwerpunkt Energie und Umwelt hat er sich in seinem Studium auf Kreislaufwirtschaft spezialisiert und ein Defizit in der Schweiz erkannt. Es werde mehr darüber geredet als effektiv gemacht: «Das sind wir gerade tüchtig am Ändern.»
Das Mieten, wie es Loopi anbietet, ist ein Geschäftsmodell der Kreislaufwirtschaft. Neben dem Mieten sind die Wiederverwendung, das Reparieren und das Wiederaufbereiten weitere Geschäftsmodelle. Erst dann kommt das Recycling. Bei diesen zirkulären Geschäftsmodellen werden Produkt- und Materialkreisläufe geschlossen. Das schont die Umwelt, denn es spart Ressourcen sowie Energie und reduziert Abfallmengen.
Was ist Kreislaufwirtschaft und welchen Umweltnutzen hat sie?
Kreislaufwirtschaft ist ein Gegenentwurf zu dem, wie wir momentan vorwiegend wirtschaften, nämlich linear. In der linearen Wirtschaft entnehmen wir der Umwelt Ressourcen, stellen daraus Produkte her, verkaufen sie, um sie nach einer häufig kurzen Nutzungsdauer zu entsorgen. In einer Kreislaufwirtschaft werden Produkte und Gebäude ressourcenschonend gestaltet bzw. gebaut und möglichst lange genutzt. Produkte werden geteilt, wiederverwendet, repariert, wiederaufbereitet und recycelt. Gelingt es uns, Material- und Produktekreisläufe zu schliessen, bleiben Rohstoffe für künftige Generationen erhalten, wir schonen das Klima und reduzieren die Abfallmenge. Davon profitiert sowohl die Umwelt als auch die Schweizer Volkswirtschaft.
Den zusätzlichen Nutzen kommunizieren
Im Zentrum der Kommunikation des KMUs steht aber bewusst etwas anderes: «Die Begriffe 'Kreislaufwirtschaft' und 'Nachhaltigkeit' werden mittlerweile so inflationär genutzt, dass man sich dadurch gar nicht mehr differenzieren kann und eher der Verdacht des Greenwashings aufkommt», meint Mirco Egloff. Er und sein Team kommunizieren viel lieber über den Mehrwert für die Zielgruppe und die Geschäftspartner:innen.
Dank des Abos können frisch gebackene Eltern für wenig Geld hochwertige, ethisch und nachhaltig produzierte Produkte nutzen. So müssen sie sich keine Gedanken über die Herkunft machen. Ausserdem haben sie keinen Aufwand mit der Entsorgung, etwa einem Verkauf auf dem Secondhand-Markt, und der Anschaffung des Nachfolgemodells. Auch über Gebrauchsspuren müssen sie sich keine Gedanken machen, denn das Wiederaufbereiten eines Produkts am Ende der Miete ist inklusive: «Miete ganz bequem Produkte von Kinderwagen bis Hochstuhl. Bleibe flexibel und wechsle nach nur 6 Monaten das Modell.»
Ein erfolgreiches Schweizer Kreislaufwirtschaft-KMU
Es ist der Zusatz-Nutzen, den das Unternehmen in den Vordergrund stellt und das nicht nur gegenüber der Kundschaft, sondern auch gegenüber den Geschäftspartnern. Denn Loopi tritt mit seinem Geschäftsmodell nicht als Konkurrenz zum Hersteller auf. Der Hersteller bleibt Besitzer, Loopi kümmert sich um den Rest. Der Hersteller ist also am Umsatz beteiligt: «Wir wollen eigentlich gar keine Kinderwagen besitzen, wir wollen nur die Dienstleistung anbieten.»
Den zusätzlichen Nutzen kommunizieren – das ist dann auch der Grund dafür, warum die Firma zu den wenigen KMUs in der Schweiz zählt, die Kreislaufwirtschaft erfolgreich umsetzen. «Zusätzlichen Nutzen kommunizieren» ist auch ein Erfolgsfaktor für Kreislaufwirtschaft, zeigt eine neue Studie, an der Loopi mitgewirkt hat. Insgesamt 11 Faktoren hat der Think- and Do- Tank sanu durabilitas im Auftrag des BAFU und SECO zusammengetragen. Wichtig sei aber auch, dass eine klare Vision verfolgt wird. Bei Loopi zeigt sich das in den Zielen. Dort spielt Kreislaufwirtschaft eine zentrale Rolle: «Grundlegende Veränderungen bewirken und die Welt zu einem besseren Ort machen.»
Trotz Hürden: «Wir geben nicht so schnell auf»
Das KMU sieht sich aber mit vielen Hürden konfrontiert: «Abfall zu entsorgen kostet fast nichts und ist zu bequem, dank der Abfallmarken auch bei grösseren Gegenständen.» Überhaupt sei unser System an so vielen Stellen auf das Verkaufen als einzig wahre Strategie ausgerichtet. So hätte man zusätzliche Kosten, wenn man Produkte vermieten will, deren Eigentümer ausserhalb der Schweiz sitzen. Ein anderes Beispiel stammt aus dem Bereich der Werbung: Algorithmen stufen Loopis Anzeigen gerne mal als Spam ein, weil sie nur den Preis und das Produkt bewerten und daraus schlussfolgern: ein Kinderwagen für 50 CHF? Viel zu billig, also ab in den Spam. Monatliche Mietpreise für Kinderwagen kennt der Algorithmus nicht.
Von solchen Problemen lassen sich Mirco Egloff und seine Mitstreiter und Mitstreiterinnen aber nicht unterkriegen: «Wir geben nicht so schnell auf, nur weil etwas nicht möglich erscheint».