Als Anna Mucha sah, wie ihre Kleine jeweils innert weniger Wochen wieder aus der kaum getragenen Kleidung gewachsen war, kam ihr die Idee der Babykleidervermietung. Sie suchte eine Co-Gründerin und wurde in Belén Stämpfli fündig. Diese war gleich begeistert von der Idee und 2020 war OiOiOi gegründet: «Wir wollen das Teilen von Babykleidung für frisch gebackene Eltern ganz einfach machen, in dem wir zusammengestellte Sets im Abo anbieten.»

Dahinter steckt eine grundsätzliche Frage: «Können wir mehr teilen und so weniger verschwenden?», erklärt Anna Mucha, «die Bekleidungsindustrie ist für 10 Prozent der weltweiten Kohlenstoffemissionen verantwortlich. Wir wollen dazu beitragen, dass sich das reduziert.» In einer internen Analyse hat OiOiOi 2021 ausgerechnet, dass es dazu beitragen kann, den CO2-Ausstoss eines Kindes innerhalb eines Jahres um 73 % zu reduzieren, 93 % weniger textilen Abfall zu produzieren und 92 % weniger Frischwasser zu verbrauchen. Ausserdem wird durch das Teilen der Kleidung auch viel weniger Land für den Anbau von z.B. Baumwolle verbraucht.

Qualitativ hochwertige und nachhaltige Marken

Das Konzept funktioniert, und zwar so: Abo wählen, Bündel zusammenstellen, gratis Versand, Kleider tragen, Bündel gratis gegen eines in der nächsten Grösse tauschen – alles in wiederverwendbarer Verpackung. Die normale Abnutzung der Kleider ist versichert. «Wir möchten, dass sich die Kleinen wohlfühlen, die Welt entdecken und die Mietkleider so nutzen, als wären es ihre eigenen», sagt Anna Mucha. Kommen die gebrauchten Kleider zurück, werden sie mit einem umweltfreundlichen Waschmittel gewaschen, repariert, gepflegt und an die nächsten Abonnenten versendet.

Das KMU hat Kleidung von 18 Marken im Sortiment, alle qualitativ hochwertig und in Bio-Qualität. Immer wieder kommt Neues dazu. Nach der Nutzung durch ungefähr sechs Kinder wandert ein Kleidungsstück auf die Second-Hand Seite. Gebrauchte Teile werden so an die Community verkauft: zum Beispiel zum Spielen im Sand oder Dreck, als Ersatzkleidung für Kitas oder kreatives Malen.

Mehrwert – nicht nur für frisch gebackene Eltern

Eltern bleibt die aufwändige Recherche nach nachhaltig produzierter Kleidung erspart. Und auch der Kinderflohmarkt: Denn von einem zum nächsten zu rennen, um kostengünstiger und nachhaltiger zu leben, ist ermüdend und oft genug auch frustrierend.

«Wir bieten aber nicht nur Eltern, sondern auch Herstellern einen Mehrwert. Unsere Kund:innen lernen die Marken durch uns kennen. Die von uns ausgewählten Marken stehen für Qualität und Langlebigkeit. Hersteller können sich also in diesem Bereich positionieren, wenn sie mit uns zusammenarbeiten», erklärt Anna Mucha das Konzept weiter. «Am Anfang hatten manche Marken ein wenig Angst davor, dass das Mieten das Verkaufen verdrängen könnte.» Aber mit der Zeit sei das Vertrauen und die Überzeugung gekommen, dass sie nur gewinnen können, z. B. loyale Kundschaft für später.

Ganz wichtig ist den beiden Gründerinnen, dass sie ihren Service im Abo anbieten: «Denn nur mit einem Abo kann man sanft Gewohnheiten ändern. Eine Einzelmiete reiche dazu nicht aus.» Dass Kunden und Partnerinnen ihre Gewohnheiten von Kaufen zu Teilen ändern, ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass das Startup erfolgreich ist.

Was ist Kreislaufwirtschaft und welchen Umweltnutzen hat sie?

Kreislaufwirtschaft ist ein Gegenentwurf zu dem, wie wir momentan vorwiegend wirtschaften, nämlich linear. In der linearen Wirtschaft entnehmen wir der Umwelt Ressourcen, stellen daraus Produkte her, verkaufen sie, um sie nach einer häufig kurzen Nutzungsdauer zu entsorgen.In einer Kreislaufwirtschaft werden Produkte und Gebäude ressourcenschonend gestaltet bzw. gebaut und möglichst lange genutzt. Produkte werden geteilt, wiederverwendet, repariert, wiederaufbereitet und recycelt. Gelingt es uns, Material- und Produktekreisläufe zu schliessen, bleiben Rohstoffe für künftige Generationen erhalten, wir schonen das Klima und reduzieren die Abfallmenge. Davon profitiert sowohl die Umwelt als auch die Schweizer Volkswirtschaft.

Neue Kreislaufwirtschaft-Studie

Eine neue Studie hat herausgefunden, dass ein Faktor, der Schweizer KMUs dabei hilft, erfolgreich durch Kreislaufwirtschaft zu sein, genau dieser ist: sanft Gewohnheiten ändern. Insgesamt konnte die Studie, die der Think- and Do- Tank sanu durabilitas im Auftrag des BAFU und SECO erstellt hat, 11 Faktoren identifizieren. Untersucht wurde nicht nur die internationale Forschung, sondern auch 15 erfolgreiche Schweizer Kreislaufwirtschaft-KMUs. OiOiOi war eines davon.

Mieten (bzw. Teilen) ist ein besonders ressourcenschonendes Geschäftsmodell der Kreislaufwirtschaft. Zusammen mit Wiederverwenden, Wiederaufbereiten und Reparieren sorgt es dafür, dass Produkte im Kreislauf bleiben. Anschliessend folgt die Strategie des Recyclings, das versucht, Materialien im Kreislauf zu halten.

Teilen statt besitzen

Einen Unterschied gibt es zwischen den genannten Geschäftsmodellen aber doch: Während sich KMUs, die im Segment der Wiederaufbereitung arbeiten, am gewohnten Konsumerlebnis orientieren können, müssen KMUs im Segment des Teilens Konsumgewohnheiten der Kundschaft ändern: teilen statt besitzen.

«Aber es lohnt sich», findet Anna Mucha, «mieten macht nämlich überall dort Sinn, wo wir einen Gegenstand nur kurze Zeit nutzen – finanziell und ökologisch.»