Praktische Infos

Der Weg ist im Winter und Frühjahr gesperrt – es lohnt, sich vorher bei Wengen Tourismus zu informieren. Ausgangspunkt ist Wengen, erreichbar mit dem Zug ab Interlaken Ost, der Wanderweg ist mit Wegweisern gut ausgeschildert. Ziel ist die Bergstation Männlichen. Für die Rückkehr kann man entweder direkt in die Gondelbahn nach Wengen oder Grindelwald steigen oder den Panoramaweg zur Kleinen Scheidegg (1 Std. 20 Min.) nehmen und anschliessend mit der Wengernalpbahn ins Tal fahren.

  • Schwierigkeit

    Schwer

  • Dauer

    3 Stunden

  • Länge

    5 km

  • Höhenunterschied

    950 m ↗

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Wengen liegt spektakulär über dem Lauterbrunnental, autofrei und sonnig an den Hang geschmiegt. Wer aber von hier zuerst durch das Dorf und dann auf den Männlichen wandert, erlebt mehr als Natur. Zwischen blühenden Alpenblumen – Orchideen, Lilien, Alpenrosen, Enzian und unzählige Arten mehr – und aufgeforsteten Tannen, mit stetem Blick auf die Jungfrau und zurück ins Lauterbrunnental, windet sich ein gut ausgebauter, aber steiler Pfad den Hang hinauf – und mittendrin ein eindrückliches Kapitel Schweizer Ingenieurskunst: Lawinenverbauungen, wie man sie selten so hautnah erleben kann. 

Schutz vor der weissen Gefahr: Lawinenverbauungen
Nach schneereichen Wintern mit grossen Lawinenschäden begann 1979 der Bau umfangreicher Schutzanlagen oberhalb von Wengen. In drei Bauetappen – verteilt über mehrere Jahrzehnte – wurden Millionen investiert, um das Dorf und seine Bewohnenden vor der Gefahr zu bewahren.  

Neben dem Schutzwald, der als natürlichste und kostengünstigste Barriere gegen Lawinen gilt, sorgen Stahl-Schneebrücken, Gitter, Netze und Dämme für zusätzliche Stabilität. Die Stahlkonstruktionen – weithin sichtbar im steilen Hang – sind die häufigste Bauform der technischen Lawinensicherungen. Die letzte Bauetappe wurde 2016 abgeschlossen. Dass Wanderer sich hier frei bewegen können, ist aussergewöhnlich – sonst sind solche Anlagen aus Sicherheitsgründen meist Sperrgebiet.  

In drei Etappen seit 1979 errichtet, schützen die Anlagen oberhalb Wengen heute rund 40 Häuser, Wanderwege, Skipisten und Quartiere. Sie gelten als Beispiel für modernen, nachhaltigen Lawinenschutz. Die Dreibeinböcke werden auch Ogi-Böcke genannt, weil der Vater von Bundesrat Adolf Ogi als Förster von Kandersteg durch seine gute Beobachtungsgabe diesen Schutz erfunden hat. ©Anita Panzer

In drei Etappen seit 1979 errichtet, schützen die Anlagen oberhalb Wengen heute rund 40 Häuser, Wanderwege, Skipisten und Quartiere. Sie gelten als Beispiel für modernen, nachhaltigen Lawinenschutz. Die Dreibeinböcke werden auch Ogi-Böcke genannt, weil der Vater von Bundesrat Adolf Ogi als Förster von Kandersteg durch seine gute Beobachtungsgabe diesen Schutz erfunden hat. ©Anita Panzer

Auffällig sind auch die kleineren Dreibeinböcke aus Holz: Es handelt sich um Gleitschneeverbauungen, die nur im Anrissgebiet von Lawinen wirksam sind. Rings um die Böcke werden ausserdem junge Bäume gepflanzt – diese übernehmen nach zwei bis drei Jahrzehnten die Funktion der Dreibeinböcke, wenn diese verfaulen.  

Blumenpracht im Juni
Die Wanderung lohnt sich besonders ab Mitte Juni. Dann ist die Blumenpracht des Bergfrühlings überwältigend: Vom Türkenbund gleich ausgangs Wengen über verschiedene Orchideenarten wie Knabenkraut oder Nestwurz, die nur in Symbiose mit einem Pilz gedeiht. Wiesenflockenblumen, Horn- und Wundklee, Habichtskraut, Butterblumen, Hahnenfuss, narzissenblütiges Windröschen und hunderte Arten mehr erfreuen Auge und Herz. Der Atem stockt, als ich den Wieshang mit den weissen Paradieslilien entdecke. Hier lohnt es sich, eine Pause einzulegen, den Blick auf das Jungfraumassiv, nach Wengen hinunter und ins Lauterbrunnental schweifen zu lassen. 

Seit 2018 gehört der Umgang mit der Lawinengefahr in der Schweiz und Österreich zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Der Weg von Wengen auf den Männlichen bringt uns dieses Erbe buchstäblich näher, wir können es sogar anfassen. ©Anita Panzer

Seit 2018 gehört der Umgang mit der Lawinengefahr in der Schweiz und Österreich zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Der Weg von Wengen auf den Männlichen bringt uns dieses Erbe buchstäblich näher, wir können es sogar anfassen. ©Anita Panzer

UNESCO-Kulturerbe mitten im Hang
Seit 2018 gehört der Umgang mit der Lawinengefahr in der Schweiz und Österreich zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Der Weg von Wengen auf den Männlichen bringt uns dieses Erbe buchstäblich näher, wir können es sogar anfassen. Und wir erahnen, wie Menschen seit Jahrhunderten lernten, mit Naturgefahren zu leben. Die Verbauungen zeugen von Erfahrung, Respekt – und kluger Planung. «Wie ist es nur möglich, solche Schutzbauten in den Hang zu bauen?», fragt eine junge Touristin unterwegs. Die Informationstafeln erklären: Die Schneebrücken werden im Tal vormontiert, mit dem Helikopter in das oft schwer zugängliche Gebiet hochgeflogen und am Berg aufgestellt und fundamentiert. Sie tragen bis zu 40 Tonnen Schnee und kommen während rund 100 Jahren ohne grösseren Unterhalt aus. 

Nach 2.5 Stunden sehen wir das Ziel vor uns: die Bergstation und noch etwas weiter oben die Aussichtsplattform des Männlichen, die einen atemberaubenden Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau bietet. Der Schweiss und die Anstrengung, die der doch teilweise recht steile Weg uns abgerungen hat, haben sich gelohnt.

Der Schweiss und die Anstrengung lohnen sich. Oben wartet der Männlichen mit seiner Plattform und weiten Aussicht auf eines der besten Panoramen der Region: auf das Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau. Wer nun den Abstieg wiederum nach Wengen wählt, sieht die Lawinenverbauungen noch einmal – diesmal von oben. Und versteht, warum sie mehr sind als Stahl und Holz. ©Anita Panzer

Der Schweiss und die Anstrengung lohnen sich. Oben wartet der Männlichen mit seiner Plattform und weiten Aussicht auf eines der besten Panoramen der Region: auf das Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau. Wer nun den Abstieg wiederum nach Wengen wählt, sieht die Lawinenverbauungen noch einmal – diesmal von oben. Und versteht, warum sie mehr sind als Stahl und Holz. ©Anita Panzer