Skifahren gehört in der Schweiz zu den traditionellen Sportarten. Auch Skitouren und Freeriden haben enorm an Popularität gewonnen – vor allem seit der Covid-19-Pandemie, die diesen Aktivitäten einen regelrechten Aufschwung beschert hat. Doch genau während der Wintermonate sind Wildtiere besonders anfällig, da sie der Kälte ausgesetzt sind und weniger Nahrung finden als im Sommer. Daher ist es äusserst wichtig, sich richtig zu verhalten.
Stress kostet Energie
«Bodenvögel zum Beispiel reagieren sehr empfindlich auf die Anwesenheit von Menschen», erklärt Michel Perreten, Aufseher der Wildtierschutzgebiete im Kanton Waadt. «Beispielsweise das Alpenschneehuhn: Es versucht, möglichst viel Energie zu sparen. Aber jede Störung und Flucht zwingt das Huhn dazu, seinen Stoffwechsel wieder anzukurbeln. Das kostet Energie.» Im Gegensatz dazu stören sich Gämsen weniger an Menschen, solange diese immer dieselben Wege benutzen. Man spricht vom sogenannten Gewöhnungseffekt. Bei Veränderungen hingegen reagieren auch Gämsen schnell gestresst.
Einrichten von Wildruhezonen
Zum Schutz der Wildtiere gibt es Gebiete, die nicht betreten werden dürfen. Mit dieser Massnahme will der Bund den Erhalt der Arten fördern. Die Kantone legen die Grenzen und die Dauer dieser Ruhezonen fest. Die Kennzeichnung der Schutzgebiete, die den Wildtieren als Rückzugsorte dienen, ist von grosser Bedeutung, da man Tiere auch stören kann, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Denn wilde Tiere nehmen Menschen häufig schon wahr, lange bevor diese sie sehen. Deshalb sollte man sich unter anderem von Waldrändern fernhalten. Und wie steht es um den Luftraum? Gleitschirm, Wingsuit oder Speedflying stellen eine für Tiere besondere Belastung dar. «Für viele Tiere, die den Adler zu ihren natürlichen Feinden zählen, kommt die Gefahr aus der Luft», so Perreten.
Auch in der Nacht gestört
Da Wildtiere nicht wissen, wann sie auf Menschen treffen, kann jede Begegnung überraschen und irritieren. Um solche Stresssituationen zu vermeiden, empfiehlt es sich, die interaktiven Karten von swisstopo zu nutzen. Diese online zugänglichen Karten geben nicht nur potenzielle Naturgefahren an, sondern bieten auch eine präzise Übersicht über Routen, die man sowohl auf Skiern als auch mit Schneeschuhen bewältigen kann. Dies gewinnt zunehmend an Bedeutung, weil sich im Winter immer mehr Menschen in die Berge begeben. Dank Stirnlampen sind diese zudem abends länger unterwegs oder beginnen ihre Touren sogar vor Sonnenaufgang. «Die Tiere haben selbst in der Nacht keine Ruhe mehr», betont der Experte.
Wildruhezonen mit Skitour- und Schneeschuh-Routen
Der Mensch schränkt den Lebensraum der Tiere zunehmend ein. Das kann sie in Aufregung versetzen, sie zwingen, viel Energie für die Flucht im Schnee aufzuwenden und sie möglicherweise in gefährliche Situationen bringen. Dies führt unter Umständen dazu, dass sie ein attraktives Nahrungsgebiet aufgeben oder die Futteraufnahme in grösseren Abständen erfolgt, was einen direkten Einfluss auf die Überlebenschancen der Tiere hat. Ausserdem kann der Kontakt mit Menschen das Sozialverhalten einer Art verändern, was eine Fragmentierung bestimmter Populationen zur Folge hat und somit das Inzuchtrisiko erhöht.
Auswirkung auf die Brunft
Schliesslich kann auch die Fortpflanzung beeinträchtigt werden. «Hirsche, die gestört wurden und nach dem Winter erschöpft sind, sind während der Brunft weniger begehrt», erklärt Michel Perreten. Geschwächte Tiere sind zudem anfälliger für Krankheiten, was Leid verursachen und in manchen Fällen gar tödlich enden kann.
Wer sich verantwortungsbewusst in der Natur bewegen will, sollte nicht nur Wildruhezonen meiden und Hunde anleinen, sondern auch seine Route im Vorfeld planen. Dazu bieten Online-Karten wie die von swisstopo eine hilfreiche Unterstützung. So wird sichergestellt, dass FreizeitsportlerInnen die Verhaltensregeln befolgen und auf den markierten Wegen bleiben.
Veranstaltungshinweis
Am 4. Februar um 20.15 Uhr wird der Film «Hors-piste, sensible et sauvage» von Guillaume Collombet im Kino Eden in Château-d'Oex gezeigt. Anschliessend gibt es eine Diskussion mit Michel Perreten. Dieser ist öffentlich, kostenlos und erfordert keine Anmeldung.